Via Lewandowsky

Angelehnt, 2015

Posted in Alles, Arbeiten by vialewando on 15. Mai 2015

Wettbewerbsbeitrag für den Neubau des materialwissenschaftlichen Zentrums für Energiesysteme auf dem KIT Campus Süd, Karlsruhe

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Das Bild wird von einem Baumstamm bestimmt, der sich in seiner materiellen Erscheinungsform gewandelt hat. Im Sinne der klassischen Naturnachahmung wird ein entasteter Kiefernstamm zur Porzellanpretiose. Elegant und fast wie zufällig lehnt der zwölf Meter hohe Stamm am Innenrand einer der Deckenöffnungen des Vordaches. Ein leichtes Spiel mit Kreis und Stecken in monumentaler Form. Ein lebensgroßes Modell eines Kiefernstammes, die Skulptur als Hinweis auf Energie, Ressourcen, der Baum als archaischer Baustoff, als ältester Energieträger der Menschheit. Durch seine das Dach überragende Höhe verbindet der Baumstamm aus Porzellan Innen- mit Außenraum, organische Form mit Geometrie, raue und matte mit glänzenden Oberflächen.

Der keramische Baumstamm weist auf ein Material hin, das einerseits für ästhetisch wertvolle Gebrauchsgegenstände steht und dem andererseits in der technischen Entwicklung der Vergangenheit und Zukunft eine große Bedeutung zukommt. Ähnlich wie das Bild des Baumes als ein fast stereotypischer Ausdruck für Leben ist Keramik ein alter Weggefährte des Menschen. Die Bedeutung des Baumes hat im Laufe der Zivilisation zu seiner umweltverändernden Dezimierung geführt. Die Spur der Keramik führt von Tonscherben aus der Frühzeit bis hin zu den Hitzeschutzkacheln an Raumfahrzeugen. Im alltäglichen industriellen Einsatz findet sich Keramik und Porzellan vor allem in den verschiedensten Energieübertragungssystemen wieder. Daher ist dieses universelle Material in einem hohen Maße auch Speicher der zivilisatorischen Leistung der Menschen.

Das Bild des Porzellanbaumstammes unter dem Vordach des Eingangsbereiches zum Institut ist eine Auseinandersetzung mit dem Ort, mit der Architektur, mit der Situation. Während ein Besucher aus der Ferne seine Aufmerksamkeit auf den aus dem Dach ragenden Teil des Baumstamms lenken wird, tritt unter dem Vordach die leicht gekippte „Säule“ in einen spannungsvollen Dialog mit den vier Stützsäulen, die sich im Umfang kaum unterscheiden. Der statischen Zuweisung der unverrückbaren Stützsäulen wird die Leichtigkeit und scheinbare Mobilität des angelehnten Baumstamms kontrastierend gegenübergestellt. Seine Oberfläche ist glatt und glänzend und verführt dazu, berührt zu werden.

Für die Skulptur wird ein Baumstamm aus der Region Schwarzwald ausgesucht und abgegossen. Das Abgießen ist ein rein bildhauerischer Vorgang ohne Hinzunahme digitaler Abbildungsverfahren. Die Abgussform dient zur Herstellung von halbschalenförmigen Porzellanfliesen, die an einer Grundkonstruktion, die aus einer Edelstahlsäule besteht, angebracht werden. Die Fließen bilden ein feines, unregelmäßiges und nur aus der Nähe sichtbares Raster.  Ziel ist es, für die Fertigung der Fliesen eine Porzellanmanufaktur oder einen Industriekeramikproduzenten als Partner zu gewinnen, der über ein hohes Maß an Erfahrungen bei der Keramikherstellung für den Außeneinsatz verfügt. So lehnt sich die Skulptur nicht nur an der Architektur an, sondern auch an moderne Produktionstechniken, um dabei der Natur nah zu kommen.

Permanent temporär, 2014

Posted in Alles, Kunst-am-Bau by vialewando on 15. Mai 2015

Wettbewerbsbeitrag in Zusammenarbeit mit Heine/Lenz/Zizka Projekte Frankfurt für ein Desserteursdenkmal in Hamburg

Die Errichtung eines Gedenkortes für die Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz ruft zahlreiche kontroverse Diskussionen hervor, die mehr Fragen aufwirft als Historiker und Wissenschaftler beantworten können. Die Aufarbeitung der Thematik im vorliegenden Wettbewerb geht von der Nichtrepräsentierbarkeit des Unheils aus und. Kein Denkmal wird dem Unheil, den Widersprüchen und der schieren Größe der Gewalt gegen die Menschlichkeit gerecht. Das Gedenken kann nur als andauernder Prozeß, als interaktives, temporäres und partizipatorisches Werk bestehen. Als andauernde diskursive Massnahme läßt sich der Gedenkort nicht mit einer einfachen symbolischen Geste bewerkstelligen, es muss um die Umwidmung eines Denkmals der Heroisierung des Soldatentodes in einen Gedenkort für jene, die durch genau diesen Militärmaschine durch Dienstverweigerung zu Tode gekommen sind. Der Gedenkort wird zum historischen Beispiel für ein Unrechtssystem, das den Opfern von einer anderen Seite gedenkt. Die Umwidmung eines Gedenkortes folgt einer internationalen Tradition.

Ausgehend von dem Wissen um die Bedeutung der Geschichte des Ortes am Dammtor, dem Bestreben der Integration einer vorangegangenen Auseinandersetzung mit der Thematik und der Aufgabenstellung einer Schaffung eines zentralen Gedenkortes werden zwei Elemente vorgeschlagen: zum einen die permanente Einrüstung des 76er Denkmals und zum anderen ein wiederkehrendes gestalterisches Formblatt als Lochblatt, das als Logo, Infotafel oder Gedenktafel erscheint. Ergänzt werden diese Elemente durch eine mediale Vermittlungsplattform in Form einer Homepage und einer App.

Gerüst: Die dauerhafte Einrüstung des vorhandenen Denkmals erschließt die vorhandene Denkmalsthematik und verändert den Zugang zu und den Umgang mit ihr. Sie versetzt das Denkmal in den Zustand eines Provisoriums, das Denkmal in ein sich in der Rekonstruktion befindliches Objekt. Die monolithische Präsenz und vermeintliche massive Monumentalität des 76 Denkmals wird aufgelöst zugunsten einer fragilen, offenen Erscheinung durch die transparente Umbauung. Das Bild eines begehbaren Gerüstes zeigt eine Hilfskonstruktion die Bereiche zugänglich macht, die sonst ausserhalb unserer Reichweite liegen würden. Es zeigt einen Zustand der Auseinandersetzung, der Bearbeitung und des Vorläufigen.

Die Einrüstung bewertet die Verbindung zwischen Opfer und Täter, zwischen Legislative und Exekutive, zwischen Macht und Widerstand, zwischen demonstrativer Hülle und inhaltlicher Leere, zwischen dem Mut zum Zweifel und Bestreben der Wiedergutmachung neu.

Das Funktionale wird betont, durch die Rampe kann man sich das Denkmal auf Augenhöhe erschließen bis hin zu dem Punkt, an dem mit dem Erreichen der obersten Gerüstplattform die innere Leere des 76 Denkmal als kulissenhafter Hohlkörper sichtbar wird.

Lochblatt/Formblatt: Das Formblatt ist abgeleitet von einem gelochten DIN A 4 Blatt und dient als variables gestalterisches Grundelement, das für alle relevanten Inhalte am zentralen Gedenkort und an allen externen Orten als Display eingesetzt wird. Als Logo, als Informationstafel am Gerüst, als Gedenktafel kann es in Erscheinung treten. Erkennbar bleibt es immer an der Lochung und den vom DIN Format abgeleiteten Proportionen.

Das weisse Blatt Papier, das in Form von Verordnungs-, Gesetzes-, Protokollblättern benutzt, gelocht und abgeheftet wurde in der Kartei des Grauens, steht für die zahlreichen Schicksale der Opfer. Das weisse Lochblatt verweist auf die Aktenlage im Hintergrund und damit auf die Banalität des Bösen (Hannah Arendt). So kann es Sinnbild für die administrative Verwaltung des Unrechtsystems und die Normierung des Schreckens sein. Es steht für die systematische Unterordnung unter ein formalisiertes System und die vermeintliche Entschuldung aus selbigem.

Gerüst und Formblatt/Lochblatt: 

Gerüst, Rampe, und Lochblatt/Formblatt sind die Instrumente, die die prozesshafte Erschließen eines neuen, korrespondierenden Denkmals ermöglichen.

Die barrierefreie Rampe führt an den mit Informationen zu den Opfer gefüllten Formblättern vorbei zur um das Denkmal herum. Mit dem kontemplativen Akt des Betrachtens des profanen Inhalts sowie durch die Möglichkeit, durch das Gehen unterschiedliche Betrachterpositionen einzunehmen, wird die ursprünglich repräsentierte Idee des 76er Denkmals auf eine einfache Art und Weise durch die eigene so bisher nicht sichtbare Gestalt relativiert. Die Erfahrung des Gedenkens erfolgt durch ein symbolisches Sich-Ablösen vom Boden jahrzehntelanger historischer Fakten.

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Undichte Stelle, 2011

Posted in Arbeiten, Kunst-am-Bau by vialewando on 6. März 2015

Aus aktuellem Anlaß (BND-Watergate) möchte ich auf einen Wettbewerbsbeitrag von mir aus dem Jahr 2011 verweisen.

 

Die Arbeit „Undichte Stelle“ ist eine Skulptur, ein Denkmal, ein Ort der Besinnung, ein Wasserspiel, ein interaktiver Raum, eine audiovisuelle Anlage, eine Überlegung.

Die Arbeit bezieht sich auf die geordneten Raumstrukturen des Innenhofes, auf die Funktion des Ortes als Pausenhof und auf die Thematik der gesamten Anlage des BND.

Die Skulptur ist ein Knäul aus Rohrleitungen, dass von einer mannshohen Zu- und Ableitung getragen wird. Die Rohre sind etwa 5 cm dick und aus gebürstetem Bronzerohr. Sie ragen aus dem Boden wie ein repariertes Stück des sonst unsichtbaren unterirdischen Rohrleitungssystems. Die „reparierte Stelle“ hat jedoch mehr die Anmutung von Gehirnwindungen. Durch ihre nur leicht überhöhte Größe einer menschlichen Person hat sie auch eine figurative Präsenz.

Im Ensemble des Innenhofes zeichnet sie sich eher durch Unauffälligkeit und Selbstverständlichkeit aus. Da die Skulptur nicht durch ihre räumliche Ausprägung den Raum bestimmt und gestaltet, kommen ihr die Qualitäten einer zeichenhaften, den Ort markierenden Erscheinung zu. Als verdichtete Unordnung, als Rätsel eines sich selbst umschlingenden, sich windenden und verdrehten, scheinbar nicht zu entwirrenden Weges hat die Rohrleitung eine hohe gestalterische Ästhetik. Ihre zerebrale Anmutung ist dabei nur eine weitere allegorische Ebene. Damit lädt sie zum Betrachten und Verweilen, zum Sinnieren und Meditieren ein.

Zum Brunnen, zum Wasserspiel wird die Skulptur, wenn Menschen den Innenhof betreten und durch Schritte oder Unterhaltung eine Raumklang erzeugen. Dann öffnen sich unterschiedliche Ventile, die in der Skulptur versteckt sind und lassen Wasser wie aus einer undichten Leitung tropfen, rinnen oder spritzen. Je nach Intensität der Akustik im Innenhof verstärken sich die leckenden Rohrabschnitte und werden zum spontanen Wasserspiel. Unbeachtet und einsam ist nur ein leichtes Tropfen an einer Stelle zu beobachten.

Die Verbindung von akustischer Sensorik und dem Sprudeln aus dem lecken Leitungsgewirr wird zur spielerischen Auseinandersetzung aktueller Themen, an deren Ende die Neuauflage eines barocken Wasserspieles steht. Damit wird der Innenhof stärker an die Idee einer Parkanlage gebunden und reflektiert gleichermaßen die Bedeutung moderner urbaner Parklandschaften.

Abhängig von der Jahreszeit und den Außentemperaturen wird das Wasser, das durch die Leitungen fließt, aufgeheizt. Das Bild der Rohrleitungen verändert sich bei niedrigen Temperaturen durch das Aufsteigen von Wasserdampf. Sie könnten jetzt zu einem Teil eines Heizkreislaufes gehören. Dadurch ist auch eine Wahrnehmung der Aktivität aus größerer Distanz möglich.

 

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Vorhang

Posted in Alles, Kunst-am-Bau by vialewando on 12. Mai 2013

Entwurf für die Cafeteria des Friedrich-Löffler-Instituts auf der Insel Riems

Ausgangspunkt der Arbeit bildet die Betrachtung eines wissenschaftlichen Modells und seiner Form: die Darstellung des Antikörpers. Diese Entscheidung wird bewußt als positive Alternative zum Modell des Isokaeders, zum Bild des unmittelbaren Forschungsgegenstandes dem Virus gewählt. Als ein wichtiger Bestandteil im System der Immunabwehr wird der Antikörper als allegorisches Bild für den Schutz gegen Infektion und Krankheit gesetzt. Der Virus, der sonst allgegenwärtig ist, soll damit nur indirekt angesprochen werden. Es ist vielmehr Ziel, ein Modell für Erkenntnisprozesse zu entwickeln und das Prinzip von Schutzfunktionen und den damit notwendigerweise verbundenen Strukturen zu reflektieren. Dabei soll die Wahrnehmung einer ästhetischen Qualität von Rastern und Mustern mit einer Vielzahl von Bedeutungen konfrontiert werden. Denn mit der beeindruckenden Schönheit der nano-fotografischen Formenfülle ist die Kunst erst am Anfang ihrer Möglichkeiten.

Die Arbeit setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Einer exemplarischen Isolation mit der Darstellung als solitäres Objekt des Antiköper-Symbols sowie seiner Vervielfältigung als klonaler Antikörper in einer großen Gruppe. Isolation und Vervielfachung beschreiben eine wissenschaftliche Methode in der Forschung. Die Gegenüberstellung auf den rechtwinklig zueinander liegenden Wänden ist auch der Vergleich von Individuum und Masse am Eingang und im großen Raum. Auf beiden Seiten ist das Objekt des einzelnen Antikörpers – als solitär und in der Gruppe – als rot leuchtendes Zeichen dargestellt.

Dabei werden bei dem für die Vervielfachung zugrunde liegendem Muster nicht fünf, sondern vier Antikörper in alle Himmelsrichtungen ausgerichtet und zusammengesetzt. In der Wiederholung entsteht daraus ein Achteck. Das wiederum ist seit der Antike ein vielgenutzter Grundriß, der auf das Urbild des achtstrahligen Sterns zurück geht und ein Symbol für Vollkommenheit darstellt. In der Architektur ist das Achteck eine gebräuchliche Form für Wehranlagen. Andererseits war diese sich so bildende Ornamentik auch im häuslichen Bereich bis ins 20. Jahrhundert weit verbreitet.

Der so gestaltete Vorhang überzieht als gleichmäßiges Raster 8 Meter der Wand im großen Raum und ist am Ende einer Seite scheinbar zusammengeschoben. An dieser Stelle überlagert sich die Ornamentik zu einer verdichteten Form, bei der der einzelne Antikörper nicht mehr sichtbar ist. Damit wird die Idee des Schutzes und seinen Grenzen im Sinne eines Netzes, Gitters, Zaunes oder Vorhangs unterstrichen.

Der sich durch die konservativ anmutende Ornamentik ergebende Eindruck wird durch die Umsetzung der Materialität als Chrom glänzende Metallkonstruktion gebrochen. Die das Licht reflektierenden weichen Formen der einzelnen Elemente vermitteln den Eindruck eines aus dem Industriedesign entlehnten vergrößerten Rasters. Die Abformung der Elemente ist ähnlich der für das Tiefziehverfahren typischen Erscheinung. Durch seinen geringen Abstand von der Wand entsteht ein zusätzliches Schattenspiel, das die Plastizität und Tiefenwirkung verstärkt. Die Oberlichter, das Tageslicht der großen Fensterfront und die Tageszeit abhängige künstliche Raumbeleuchtung werden die glänzenden Oberflächen des Wandreliefs immer wieder neu inszenieren. Der Minimalismus der Struktur spielt mit einer narrativen Geste zur Architektur des Raumes. So wird ein schmaler Streifen des Fensters oberhalb der Tür verdeckt. Das betont nicht nur die Idee des Vorhanges, sondern verstärkt den Eindruck des Vorhanges des an dieser Stelle auch von hinten sichtbaren Halbreliefs.

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Stalaktit

Posted in Alles, Kunst-am-Bau by vialewando on 12. Mai 2013

Entwurf für das LANDESARCHIV NORDRHEIN-WESTFALEN

Das Archiv ist eine Tropfsteinhöhle. In ihm sammeln sich die Sedimente der Kulturgeschichte aus den Jahrhunderten der Zivilisation. Wie in einer Höhle bildet das Archiv eine intuitive Architektur des Gedächtnisses. Die Amalgamierung des Gedächtnis aus unterschiedlichsten Dokumenten der Zeizgeschichte führt zu einer Schichtung und zu einer Verfestigung von Wissen. Es entstehen quasi kristalline Zustände von Informationen, die Geschichte zeitabhängig unterschiedlich reflektieren können.
In einer Tropfsteinhöhle ist der Stalaktit ein Zeichen für Wachstum, Zeit, Dauer. Geologisch betrachtet ist ein Stalaktit eine Kalkablagerung, die durch tropfendes, kohlensäurehaltiges Wasser entsteht. Der Stalaktit im Foyer des Landesarchivs Duisburg ist aus recyceltem Abfall-Papier der das Institut beliefernden Institutionen und des Archives selbst. Aus einer Mischung von geschredderten, zu Pulver geriebenen Altpapierabfällen und Keramikgips wird eine Makulatur hergestellt, aus der die Skulptur gegossen wird. Aufgrund der Härte dieser Mischung, die seit der Antike zur Herstellung von künstlichem Marmor und Stuck bekannt ist, kann man das Material schleifen und polieren. Eine entsprechende Beschichtung erzeugt einen Perlmutteffekt.
Die Form des geschliffenen Stalaktit nimmt nicht nur Bezug auf eine geometrische Formensprache von Vielecken und kristallinen Strukturen, sondern spielt auch mit der Bedeutung von gefaltetem Papier. Die so geschaffene Skulptur erinnert an einen Bergkristall, an einen Quarz, der auf die vielen von Menschenhand geschaffenen Minen in der Region anspielt. Diese sind Teil jener Wertschöpfung, die sich jetzt auch im Landesarchiv niederschlägt.
Im Archiv verändert das Wissen seine Form. Nach dem Papier ist das Digitalisat eine neue Erscheinungsform in der gegenwärtigen Archivierungspraxis. Die Immaterialität des Wissens bestimmt zunehmend die Repräsentation der Inhalte. Trotzdem ist das Papier als Speicher unersetzlich. Der Stalaktit ist damit auch ein Monument für den Informationsträger Papier.
Zusätzlich wird ein Schatten des Stalaktiten an der Wand zum Lesesaal erzeugt, der als Tageszeit abhängige ephemere Spur des Wissens gesehen werden kann.

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Post Tenebras Lux

Posted in Alles by vialewando on 12. Mai 2013

Wenige Worte über einen wortkargen Film

Da ist sie wieder, die Bibel mit all ihrer Sprachgewalt und ihren Verheißungen, ihrer Lichtmetaphorik, die am Ende alle Suchenden im Dunkel der Mißverständlichkeit stehen läßt. POST TENEBRAS LUX. Trotzdem muten sich Religionen und Staaten Leitsprüche zu, dem der Künstler nur mit Sarkasmus und der Ästhetisierung von Vergeblichkeit begegnen kann. Am Ende entscheidet der Affekt, die Laune, das Schicksal über Licht oder Dunkel. Dann sind alle Mühen mit einem Mal Windhauch. Windhauch, Windhauch alles ist Windhauch sagt Kohelet der Prediger ein paar hundert Seiten nach Hiob, wo wir den Filmtitel finden. Aber was Hiob genau meinte, ist auch in den Mühlen der Übersetzungen zu Staub geworden. Die Redewendung POST TENEBRAS LUX entspricht etwa dem Moment, wenn ein Nahtodpatient sagt, ich habe Licht gesehen. Ob Zustand, Erfahrung oder spiritueller Diskurs, wir glauben an die Metaphorik von Licht und Finsternis. Es ist ein in unsere Gene eingeschriebenes anthropologisches Bild. Der Film POST TENEBRAS LUX von Carlos Reygadas setzt uns dieser Erfahrung aus.
Vor ein paar Tagen bin ich aus dem Land zurück gekommen, daß man zu Zeiten von Hiob und Kohelet noch Judäa, Samaria und Kanaan nannte. Die Reise begann an dem Tag, als zehn Menschen in einem Linienbus in Tel Aviv von einem Bombenanschlag zum Teil schwer verletzt wurden. Dies war die letzte Nachricht, die mich auf meinem Telefon schon im Flugzeug sitzend erreichte. Aber aus der Luftfahrt kennt man ja den lakonischen Terminus: POINT OF NO RETURN. Es hätte keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben können, um für eine Recherche in die Westbank aufzubrechen. Im Gepäck hatte ich die älteren Filme BATTLE IN HEAVEN, JAPON und SILENT LIGHT von Carlos Reygadas. Eher zufällig, da die Zeit wieder einmal zu knapp war, mich vor meinem Aufbruch ins Morgenland auf den heutigen Abend vorzubereiten. Doch wie wichtig plötzlich meine „Reiseliteratur“ in Filmform wurde, merkte ich, als ich nach einem nächtlichem Rundgang bei strömenden Regen durch die Altstadt von Jerusalem wieder in meinem Quartier nahe der V. Leidensstation an der Via Dolorosa angekommen war und SILENT LIGHT anschaute. Der Film wirkte in mir wie ein Wahrnehmungsverstärker, wie Glutamat für die Sinne, wie ein apostolischer Brandbrief. Am nächsten Morgen betrat ich ein anderes Jerusalem. Die Reise konnte beginnen. Ein Experiment des parallelen Kinos.
Was aber hat das eine mit dem anderen zu tun? Das Opus Magnum von Carlos Reygadas mit dem Elend der Westbank? Es sind die unterschwelligen Botschaften im Film und in meiner Reiserealität. Während der Fernseher im Frühstücksraum eines mit Stacheldraht geschützten Resorthotels am Toten Meer Wrestling- und Ketchkämpfe zeigt, sieht man in allen Imbisslokalen von Jericho bis Dschenin die unbewegte Kameraeinstellung der Kaaba in Mekka und die sie umrundenden Scharen von Gläubigen. Die Einstimmung in der Kampfpause vor dem nächsten Konflikt kann nicht unterschiedlicher sein. Wie im Film prallen zwei Welten aufeinander, die sich manchmal sehr nah und oft wieder sehr fremd sind. Die Bedingung des Lebens ist, es muß, es wird Blut fließen.
Dazu kommt die Langsamkeit mit der die Bilder ins Bewußtsein tröpfeln. Es ist diese quälende Spannung, die in der Luft hängt, es ist wie der einen Raum ausfüllende Geruch eines schon längst verzehrten Essens. Meine Reise entwickelt sich mit der gleichen Langsamkeit wie die Szenen im Film. Als würde der Film das Innehalten Stück für Stück aneinanderreihen und zu einem großartigen Bild der Ruhe komponieren. Jeder Sound, jeder Ruf oder Schrei hat seinen eigenen großen Auftritt, jedes Geräusch sein Solo. Ohne dass man es bemerkt, findet man sich plötzlich in gefährlicher Nähe zur Obskurität eines privaten Alltags wieder. Wir sehen das, was uns sieht. Die kleinen Helfer in Form von Ritualen und Abläufen simulieren Normalität, obwohl man die fremden Götter an diesem Ort nicht kennt. Es ist dieser unausgesprochene fatale Rousseausche Lockruf: zurück zur Natur, denn wir sind alle gleich. Carlos Reygadas krisengeplagte Familie, la famiglia, die wie die kleinen Humboldts losgezogen sind, hoffen Hilfe von außerhalb, von diesem sie umgebenden Fremden zu bekommen. Das Paradies ist aber ein gefräßiges Monster, das keinen Moment der Erniedrigung und Einschüchterung ausläßt. Dennoch halten sie tapfer durch, mit bildungsbürgerlicher Aufrichtigkeit und liberalen Anstand wie sie es gelernt haben und lassen dabei nichts aus, Gruppentherapie ebenso wie Gruppensex. Aber die Expedition muß scheitern. Sie scheitert an dem, was man als tragigkomisches Detail, einem Moment der Unachtsamkeit beschreiben könnte. Sie scheitert auch am Glauben, daß man das Fremde und sich kampflos überwinden kann. So verengt sich auch immer wieder der Blick auf einen imaginären Mittelpunkt. Als hätte man Pupillen erweiterndes Atropin im Auge, werden die Ränder unscharf. Auf der anderen Seite stehend könnte der sich selbst Enthauptende zur Rechtfertigung sagen: Euer Tagtraum ist mein Minenfeld (Durs Grünbein).
Am letzten Tag meiner Reise wache ich gegen 5 Uhr früh durch das verzerrte Echo eines Muezzin auf, das eher wie ein atemloses Brüllen klingt. Es ist noch dunkel im Guesthouse des Cinema Dschenin. OBSCURITAS heißt lateinisch die Dunkelheit. Es ist so vieles obskur und unverständlich gewesen auf meiner Reise. Trotzdem würde ich sie jeden Augenblick wiederholen. Das ist die einzige Gewißheit und die ist wie das Licht des Projektors. Laßt es finster werden, und sehet selbst.

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Interview mit der Hauptdarstellerin Nathalia Acevedo anläßlich der Filmpremiere von „Post Tenebras Lux“ von Carlos Reygadas zum Filmfestival 7. AROUND THE WORLD IN 14 FILMS am 4.12.2012 im Filmtheater Babylon Berlin.

Version español:

Aquí está de nuevo, la Biblia con toda su retórica y sus promesas, sus metáforas lumínicas que al final dejan a todos los que buscan en la oscuridad de las ambigüedades.
POST TENEBRAS LUX. Aun así, las religiones y los Estados se permiten utilizar lemas que el artista sólo puede tratar con sarcasmo y estetizando su inutilidad.
Al final, el afecto, el humor y el destino deciden entre la luz y la oscuridad.
De pronto, todos los esfuerzos se desvanecen como una ráfaga de viento. Una ráfaga de viento, todo es una ráfaga de viento, dice Eclesiastés o el Predicador unos cientos de páginas después de Job, donde encontramos el título de la película. Pero lo que Job quería decir exactamente se pierde por los derroteros de la traducción. La expresión POST TENEBRAS LUX se refiere, por ejemplo, al momento en el que los pacientes que viven experiencias cercanas a la muerte dicen ver una luz. Ya sea un estado, una experiencia o un discurso espiritual, creemos en la metáfora de la luz y las tinieblas. Es una imagen antropológica grabada en nuestros genes. La película POST TENEBRAS LUX de Carlos Reygadas nos expone a esa experiencia.
Hace un par de días que volví del país que en los tiempo de Job y Eclesiastés se conocía como Judea, Samaria o Canaán. El viaje comenzó el día en que diez personas resultaron heridas en un atentado bomba a un autobús de línea en Tel Aviv, algunas de ellas de gravedad. Esta fue la última noticia que me llegó cuando ya estaba sentado en el avión. Pero como dice el lacónico término de la aviación: POINT OF NO RETURN. No podía haber escogido un peor momento para iniciar mi investigación en la Ribera Occidental. En el equipaje llevaba las anteriores películas de Carlos Reygadas: BATALLA EN EL CIELO, JAPÓN Y LUZ SILENCIOSA. Más bien por casualidad, pues el tiempo para prepararme para esta noche antes de mi partida hacia Oriente había vuelto a ser demasiado justo. De la importancia de mi “literatura de viaje” en forma de películas me di cuenta cuando, tras un paseo nocturno bajo la fuerte lluvia por el centro histórico de Jerusalén, regresé a mi alojamiento cerca de la estación V de la Vía Dolorosa y vi LUZ SILENCIOSA. La película tuvo en mí un efecto potenciador de la percepción, como glutamato para los sentidos, como una apremiante carta apostólica. A la mañana siguiente accedí a un Jerusalén distinto. El viaje podía empezar. Un experimento de cine paralelo.
Pero, ¿qué tiene que ver una cosa con otra, la ópera magna de Carlos Reygadas con la miseria de la Ribera Occidental? Son los mensajes subliminales de la película y de la realidad de mi viaje. Mientras que en el comedor de un hotel protegido con una alambrada cerca del Mar Muerto, el televisor muestra wrestling y lucha libre, en todos los puestos de comida de Jericó a Yenín aparece la imagen fija de la Kaaba en La Meca y la multitud de creyentes que la rodean. El ambiente durante la tregua antes del siguiente conflicto no puede ser más dispar. Como en la película, chocan dos mundos que a veces son muy cercanos y a menudo muy ajenos. La premisa de la vida es: es necesario que se derrame sangre.
A esto hay que sumar la lentitud con la que las imágenes se cuelan en la conciencia. La tensión torturante que reina en el aire es como el olor de la comida que llena el espacio mucho después de que se haya comido. Mi viaje se desarrolla con la misma parsimonia que las escenas de la película. Como si ésta fuera ensartando poco a poco los momentos de quietud para componer una extraordinaria imagen de tranquilidad. Cada sonido, cada exhortación o grito tiene su gran aparición en escena; cada ruido, su solo. Sin darse cuenta, uno se encuentra de pronto peligrosamente cerca de la oscuridad del día a día privado. Vemos lo que nos ve. Las pequeñas ayudas en forma de rituales y procesos simulan normalidad, aunque en este lugar no se conocen los dioses ajenos. Es el fatal reclamo no pronunciado de Rousseau: la vuelta a la naturaleza, puesto que todos somos iguales. La familia sumida en la crisis de Carlos Reygadas, la famiglia, que ha partido como si de una expedición de Humboldt se tratase, espera que la ayuda llegue de fuera, de los extraños que la rodean. Sin embargo, el paraíso es un monstruo voraz que no perdona ningún momento de humillación e intimidación. Aun así se defienden con valentía, con honestidad de burgueses cultos y dignidad liberal, tal y como lo han aprendido. Y no dejan nada sin probar, desde la terapia de grupo al sexo en grupo. Pero la expedición está destinada al fracaso. Fracasa por lo que podría describirse como un detalle tragicómico, un momento de distracción. Fracasa también por la creencia de que se puede vencer lo ajeno y a sí mismo sin que opongan resistencia. De este modo, el campo de visión se reduce una y otra vez a un punto central imaginario. Los bordes se difuminan como si uno se hubiera echado gotas de atropina en los ojos para dilatar las pupilas. Desde el otro lado, el que se auto decapita podría decir como justificación: vuestra ensoñación es mi campo de minas (Durs Grünbein).
El último día de mi viaje, me despierta sobre las 5 de la mañana el eco distorsionado de un muecín, que suena más bien como un berrido jadeante. Aún está oscuro en el hostal del Cinema Jenin. OBSCURITAS significa oscuridad en latín. Ha habido muchas cosas oscuras e incomprensibles en mi viaje; sin embargo, volvería a repetir cada instante. Esta es la única certeza, similar a la luz del proyector. Sumíos en la oscuridad y ved por vosotros mismos.

Span/span

Posted in Alles, Arbeiten by vialewando on 26. September 2012

Span (Englisch/Deutsch) Abgrenzung, Abstand, Bereich, aufspannen, Feld, Joch, Laufzeit, Öffnung, Spanne, Spannweite, Variationsbreite, Zeitspanne

Span (Deustch/Englisch) blade, chip, elongated flake, kindling, scale of wood, spill, Splint, splinter, swarf, turning, span of life, centre span, spick and span

Idee
Die Umwandlung eines alten Kasernengeländes zu einem modernen Universitätscampus verändert neben der Architektur alter und neuer Gebäude auch die Topographie. Besonders bei der Hochschule Fulda ergeben sich aus der leichten Hanglage zusätzliche Möglichkeiten. Die Freitreppe zum neuen Campus ist nicht nur die funktionale Überwindung eines Niveauunterschiedes, sondern auch ein landschaftsarchitektonisches Geschenk.
Der Entwurf „Span“ nimmt Bezug auf die Besonderheit dieser Treppe und ihre wie aus dem Hang heraus geschnittenen Stufen. Die Treppe ist im Konzept der Architekten das Alleinstellungsmerkmals des Platzes. Eine Kaserne würde sich so eine Freitreppe nicht leisten.
Der Span macht den Ort zum Modell und zum Sinnbild für Transformation. Dabei steht der Span nicht nur für den Prozess von Arbeit, sondern für Forschung, Entwicklung und Entwurf.
Der Span ist hier die künstlerischen Übersetzung einer aus der Treppe geschnitzten Stufe. Die gedachte Stufe verdreht sich dabei zu einer aufsteigenden, sich zur Seite neigenden Spirale. Das Stufenmaß wird am Anfang des Spanes vollständig aufgenommen. Am Ende der schneckenförmigen Verjüngung wird der Span schmaler.
Abgerollt entspricht die Länge der Stufe genau der Entfernung vom Standort des Spanes bis zum Ende der Treppenstufe. Auf der anderen Seite nimmt die Treppe nach zwei Metern den normalen Stufenrhythmus wieder auf. Der Span dieser Seite liegt an der Treppenkante.
Form
Die Oberflächenspannung, wie sie bei durch Materialwegnahme erzeugten Produktionsprozessen entstehen kann, erzeugt die Form. Die Form des Spans erinnert an eine Spirale, einen Strudel, einen Wirbel, eine Pirouette.
Die Eleganz und Leichtigkeit bleibt trotz der vielfachen Vergrößerung erhalten. Dabei neigt sich die Spirale in zwei Achsrichtungen und beschreibt abermals eine kreisförmige Bewegung. Im Dialog mit der auf dem Boden liegenden Form entsteht eine zusätzliche Spannung zwischen den Richtungswechseln. Egal aus welcher Position man die beiden Spiralen betrachtet, ergeben sich immer neue Formen und Linienführungen. Der Winkel der Stufe folgt den Maßen von Treppenhöhe- und breite. In diesem Verhältnis bildet sich eine starke grafische Linienführung ab, bei der die wechselnde Schattenkante der Innen- und Außenseite des Winkels ein optisches Verwirrspiel ergibt. Die sich aufrichtende Spirale zeichnet ihre Bahnen in den Himmel. Weil die Innenkante zur Außenkante wird und umgekehrt, sind die Linien bei allen Lichtverhältnissen gut zu erkennen. Die artistische Anmut der Verdrehung verleiht der Skulptur bei ihrer geringen Oberfläche der sich verjüngenden Stufenbreite ein optisches Volumen, dass sich auf der Freifläche des Treppenaufganges gut behaupten kann. Das sich durch die Linien bildende Volumen steht im Kontrast zum Anfang des Spanes. Das optische Volumen balanciert nun schon fast magisch auf einem dünnen eleganten Schwung. Insgesamt wird eine neue Form auf dem Platz etabliert, die sich zu der klaren und reduzierten Formensprache der Architektur abzeichnet.
Bedeutung
Mit der Treppenstufe, die sich zu einer in den Himmel wirbelnden Linie verwandelt, wird Bezug auf die Allegorie des bearbeiteten Geländes genommen, in das die Freitreppe „geschnitzt“ wurde. Die Umnutzung wird als Umformung dargestellt. Transformation.
Dem flüchtigen Betrachter wird zuerst die Eleganz einer freien Form auffallen. Die Skulptur ist in diesem Augenblick ganz bei sich. Kunst.
Die Aura der Leichtigkeit der in die Höhe schnellenden Treppenstufe geht auf dem Platz eine Korrespondenz mit den Gebäuden der Verwaltung, der Bibliothek und der Mensa ein.
Ob es um Kreativität und Wissen, um Entspannung und Genuß, um Bürokratie und Organisation geht, immer scheint die Form des Spanes ein ideales Maß des Tuns zu sein.
Trotz ihrer freien Form oder gerade deswegen ist sie auch ein Zeichen für höchste technische Ansprüche, handwerkliche Möglichkeiten, die auf jeden Studierenden zukommen werden. Die Universität wird als Werkstatt der Wissensproduktion begriffen.
Material
Die Skulptur wird aus Kohlefaserstoffen produziert. Die Oberfläche ist metallisch versiegelt. Der Sandwichaufbau, wie er in der Skiproduktion oder im Flugzeugbau Anwendung findet, gewährleistet die notwendigen statischen Vorraussetzungen. Darüber hinaus lassen sich so die Transport- und Fertigungsbedingung der 9 Meter hohen Skulptur leichter realisieren. Zwar ist auch ein Metallbau möglich, Angebote entsprechender Firmen liegen vor. Da sich aber die Skulptur bei bestimmten Wetterlagen bewegen wird, hat die bewusste Nutzung der Schwingungsmöglichkeit künstlerischen Vorrang.
Beleuchtung
Der Span wird durch Bodenscheinwerfer nachts in Szene gesetzt. Die Umkehrung der tagsüber dunklen grafischen Linien zu strahlenden hellen wird durch eine silbrig mattierte Oberfläche erreicht. Durch Verwendung von farbigem Leuchtmitteln können hier zusätzlich, entsprechend der Jahreszeit, Anpassungen vorgenommen werden.

WordWatch

Posted in Alles, Arbeiten by vialewando on 16. September 2012

Seit dem 13. Oktober, 2012 ist meine erste App für iPhone, iPad und iPod touch, die von Ivo Wessel entwickelt wurde, im iTunes-Store erhältlich.

Eine erste Anwendung kann man zur Zeit in der Ausstellung „Termin für ein Pointe“ in der Andrae Kaufmann Gallery sehen. Die Arbeit „Uran, Iran, Urin“ nutzt drei iPod touch und drei verschiedene Bilderlisten aus dem Archiv von WordWatch

Nicht-Ich

Posted in Alles, Arbeiten by vialewando on 12. Juli 2012

Die Frage, die sich im Angesicht der deutschen Geschichte immer wieder stellt, ist schon
fast ein kultureller Stereotyp hierzulande: Wie konnte ein Land der Dichter und Denker
zwei Kriege mit insgesamt mehr als 73 Millionen Toten herbeiführen?
Die Überarbeitung einer Gedenkstätte für 700 Wurzener Bürger, die stellvertretend für 17
Millionen Tote des Ersten Weltkrieges stehen, im Angesicht weiterer 56 Millionen Toter ist
praktisch unmöglich. Bei dieser schier unfassbaren Dimension des Todes kann ein solcher
Versuch nur eine historische Dauerbaustelle werden. Dass auf dieser Baustelle dringend
wieder etwas gemacht werden muß, zeigen nicht nur die Versuche der Stadt Wurzen, eine
Lösung für den Umgang mit ihrer Kriegsgedenkstätte zu finden, sondern auch die
aktuellen Berichte der politischen Entwicklung in Europa. Die Liste der Beispiele für das
Aufstoßen des Unverdaubaren aus dem Abgrund der historischen Sickergrube ließe sich
endlos fortsetzen.
Wer glaubt, dass nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands ein
neuer Blick auf das Geschehene möglich ist, der irrt. Nachdem die Tätergeneration fast
vollständig aus dem Leben geschieden ist, wird das Erbe der historischen Unfassbarkeit
an die nächsten Generationen weiter gereicht.
Das Thema des Gedenkens für das Grauen des Krieges genau da zu suchen, wo das
Unverständnis beginnt, wo das Rätsel trotz aller logischer historische Analyse sich
konsequent jeder sinnvollen Lösung entzieht, ist eine Möglichkeit heutiger Trauerarbeit
und Gedenkens.
Um deutsche Philosophen in die Nähe des Gedenkens zu rücken, um den Widerspruch
zwischen ihrer Genialität und dem Verderben aufzuzeigen, werden die Leitbegriffe ihres
Schaffens wie Bausteine oder lose Bruchstücke um und in der Denkmalsanlage verteilt.
Die Begriffe lassen weiter reichende Ideen historischer Personen ganz konkret werden. So
stehen für SEIN und DASEIN Martin Heidegger, für WAHRHEIT Hans-Georg Gadamer, für
TUN, VERNUNFT und ERKENNTNIS Immanuel Kant, für GEIST und VERNUNFT
Friedrich Hegel, für ICH und NICHT-ICH Johann Gottlieb Fichte und so weiter. Jeder
Begriff lässt sich unmittelbar auf die Geistesgeschichte Deutschlands zurückführen. Als
trauernde Flaneure sitzen, stehen oder liegen sie an den verschiedensten Stellen des
Denkmals.
Die Begriffe sind aus Bronze gefertigt und verteilen sich wie Baumaterialen über die
Anlage. So, als würden sie jeden Augenblick an die richtige Stelle gebracht und eingebaut.
So, als ginge es darum, an dem Denkmal noch einige wichtige Erweiterungen oder
Veränderungen vorzunehmen. An manchen Stellen geschieht das mit einer betonten
Beiläufigkeit, die fast nachlässig wirkt. Die Anwesenheit der massiven Schriftzüge
durchbricht die strenge Ordnung der Anlage, hinterfragt und kommentiert mit einer
situativen Gestik. Am Rande geben Tafeln Auskunft über die Bedeutung der Begriffe und
ihrer Verwendung im Werk der Philosophen. Damit wird das in der Anlage praktische
Gedenken an die Opfer mit einem theoretischen Gegensatz konfrontiert, dem Irrsinn der
Sinn zur Seite gestellt. Es sind die Baumaterialien eines zukünftigen Gedenkens für ein
Trauergebäude, das nie fertig gestellt werden kann.

Scrupoloso (Notizen aus Rom)

Posted in Alles, Rom by vialewando on 20. Februar 2011

6. März 2011
Der Zusammenhang zwischen Kunst und Wulst, Wulst und Mathematik wird von der Hässlichkeit des Begriffes verdeckt. Am Ausgang der Überlegung stand Vibration. Leider auch ein verheerend beliebig genutzter Begriff. Vibrato, Vibratorium. Es gibt eine Schleuse im Notizbuch. Ein Strudel von Gedanken. Auf Nimmerwiedersehen.
Am Abend zerlegt ein Olivenkern meinen letzten intakten Backenzahn. Io vibro.

23. März 2011
Sie werden jetzt voller Erwartung sein, was man zum Warten sagen kann. In jedem Moment steckt ein Stück Wartezeit. Der Künstler wartet auf seine Idee. Die Braut wartet im Auto vor der Kirche, bis sie gerufen wird. Sonne an der Spanischen Treppe. Trotzdem frustriert. Die Römischen Straßen können Beziehungen zerstören. Die Märchenfee ist verbittert. Fragmentiertes Warten, das Ende auf Raten. Die Antwort ist das Unglück der Frage, hat jemand notiert. Hey Baby, sag einfach „Ja“.

9. April 2011
Paradoxie der Geschwindigkeiten im Supermarkt: Während der Kassierer seine Kunden sehr langsam abfertigt, redet er mit ihnen sehr schnell. Ich verstehe Bahnhof. Ich strenge mich an. Denke: „prezzemolo“. Das hat doch gerade jemand gesagt, oder? Wie hieß gleich Muschel nochmal, Geschlechtskrankheit? „Trippa“? Nein, das waren die Innereien. „Cozze“, stimmt! Ich bin ein alter „autista“. Nein, nicht der Kraftfahrer.

1. Mai 2011
Eine Frau erzählt mir auf einem Cocktailempfang von den Katzen deutscher Italienurlauber. Wie sie nach anstrengender Reise endlich an ihrem sonnigen Ziel im Süden angekommen waren. Und daß man gleich einen ersten Spaziergang auf dem neu erworbenen, traumhaften Grundstück gemacht hatte. Am späten Abend kehrten wohl auch die Katzen von ihrer ersten Erkundungstour zurück. Sie schienen um zwanzig Jahre gealtert.

24. Mai 2011
Wie eine Seifenblase platzt, so schnell war meine Handgepäcktasche weg. Der Gewinn des Diebes steht in keinem Verhältnis zu meinem Verlust. In Gedanken sehe ich meine Tasche mit Lichtgeschwindigkeit in Richtung Orionnebel verschwinden. Wenn da jetzt jemandem mein Notizbuch in die Hände fällt? Das möchte ich mir nicht vorstellen müssen, nicht auszumalen. Jedes seiner Stirnrunzeln ein harter Schlag in meine Magengrube.

15. Juni 2011
Auweia, nur fünf Eier. Manche können nicht warten, deshalb duschen sie 5 Minuten bevor die Gäste kommen oder Gäste brechen so spät zum Flughafen auf, dass selbst der Taxifahrer plötzlich ein Stechen in der Brust verspürt.
Zum soundsovielten Mal rückt das Mäusebekämpfungsteam „Ecofive“ an, aber ich habe noch nie eine Maus gesehen. Der Kampf gegen die Phantommaus muss in eine neue Phase getreten sein. Phantomas, die Maus mit dem grünen Kopf. Der Künstler in Studio 5 hat sich abgeschottet.

9. Juli 2011
Die Nacht war schwül und voller Träume. Ein minimalistisches Konzert der Geräusche. Am Morgen traf ein Gedicht über den Traum ein.

7. August 2011
Der Bauch einer fettleibigen Frau hing soweit über, dass es sich eine Ratte darunter gemütlich machen konnte. Sie starb in dem Moment als die Frau verschied. Man nahm an, dass die Ratte sich in ihre Gastgeberin verliebt hatte. Die wiederum wusste nichts von der Anwesenheit des Tieres. Nur manchmal sprach sie von einem unerklärlichlichen Gefühl sexueller Stimulation. Diese Geschichte wurde mir in Sperlonga unweit der Grotta di Tiberio erzählt.

22. August 2011
Ich verfolge die Eroberung der Hauptstadt im Liveticker.

2. September 2011
Die Behauptung, dass dem Nashornkäfer auf dem Gelände der Villa Massimo nur deshalb ein kurzes Leben beschieden ist, weil er von seiner weiten Reise aus Papua-Neuguinua so erschöpft ist, dass er sich nicht mehr erholen kann, klingt plausibel, ist aber Unsinn. Porto Massimo, Porto Pino, Porto Polledo, Porto Pollo, Porto Rotondo, Porto San … Uta, Valledoria, Vignola Mare, Villa San Pietro, Villacidro, Villamassargia, Villanova Monteleone, Villanovaforru, Villaputzu, Villasimius … Nashornkäfer …

5. Oktober 2011
Villa Giulia. Ein Pfirsisch vom Schimmelpilz ergriffen. Ein Freund liest aus Stendhal, vom Katzenjammer des Kastratenchores der Sixtinischen Kapelle. Dabei geht die Sonne unter und der Verkehr beruhigt sich.

29. Oktober 2011
Die tiefstehende Sonne bringt die Nadeln der Kakteen zum Glühen. Zu viel für den Moment, zu wenig für die Dauer.

8. November 2011
Der Duft der fünf Mägen kommt mir in den Sinn. Im Helldunkel des gleißenden Lichtspiels sehe ich plötzlich eine schwarzweiße Kuh auf der Wiese unterm Pampelmusenbaum stehen. Es ist wieder eine von diesen Erscheinungen.

27. November 2011
Wenn ich zurück denke, wird mir schwindlig. Wie als wenn man an etwas hoch geklettert wäre und plötzlich nach unten sieht.

16. Dezember 2011
Es war genau das zehnte Mal in einem halben Jahr. Diesmal war die Toskana düster und verregnet. Der Nebel rast mit zweihundertfünfzig Kilometern pro Stunde vorbei. Der Mundgeruch meiner telefonierenden Nachbarin wabert wie der Qualm eines Maschinengewehrs herüber. Ich versuche, mich zu konzentrieren. Im Tunnel sehe ihr Gesicht im Fenster. Ein Profil wie bei Filippino Lippi.

8. Januar 2012
Erst als Schrei von Munch beim Zahnarzt dann ein schmatzendes Liebespaar auf dem Aventhin neben mir. Später verteilte der Architekt und Experte für Esperanto-Religion beim Reden spuckend seine Trüffelsauce über den Tisch. Dabei behauptete er, wenn man in Rom bauen will, muss man auf die Ruinen achten, in Berlin auf die Bomben.